Stellungnahme des HI zur geplanten Schließung der Abteilung für Informationswissenschaft an der Universität Düsseldorf

(Diese Stellungnahme wurde am 22. Januar elektronisch und postalisch an die Rektorin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Frau Professor Dr. Anja Steinbeck und an den Dekan der Philosophischen Fakultät Herrn Professor Dr. Ulrich Rosar gesendet.)

Magnifizenz, sehr geehrte Frau Professor Steinbeck,
ich schreibe Ihnen als Vorsitzender des Hochschulverbands Informationswissenschaft, der Interessenvertretung der an Hochschulen im deutschsprachigen Raum tätiger Informationswissenschaftlerinnen und Informationswissenschaftler.

Mit großer Sorge habe ich Kenntnis davon bekommen, dass an der philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf am kommenden Dienst, den 26. Januar 2016, die Schließung der Abteilung Informationswissenschaft auf der Tagesordnung stehen soll. Ich weiß, dass sich bereits zahlreiche Kolleginnen und Kollegen in dieser Sache an Sie gewandt haben und möchte aus der Perspektive des Hochschulverbandes Informationswissenschaft folgende Argumente hinzufügen:

Akkreditierung und zugesicherter Bestandsschutz
Mir liegt ein Schreiben meines Regensburger Kollegen Rainer Hammwöhner (Lehrstuhl für Informationswissenschaft) vor, der 2004 und 2011 jeweils als Gutachter an der Evaluierung und Akkreditierung der informationswissenschaftlichen Studiengänge in Düsseldorf mitgewirkt hat. Ein ähnliches Schreiben sollte auch Sie erreicht haben. In seinem Schreiben weist Kollege Hammwöhner darauf hin, dass während der Akkreditierung der informationswissenschaftlichen Studiengänge 2011 durch AQAS Ihr Vorgänger im Amt, der damalige Rektor Professor Piper, die Weiterführung des Lehrstuhls (und des Studiengangs) über das Jahr 2019 hinaus explizit zugesichert hat. Dies ergäbe sich, so Hammwöhner, aus den Verfahrensunterlagen der Akkreditierungsagentur AQAS. Unabhängig von der Möglichkeit einer Korrektur solcher Zusagen ex post wäre ein Abweichen von derartigen Zusicherungen aus meiner Sicht eine erhebliche Schwächung des Akkreditierungssystems insgesamt, da Vertrauen in solche Verfahren schwinden würde. Mit der Einrichtung der Professur für Web Science (Professor Sergej Sizov) wurde die Informationswissenschaft erst kürzlich strukturell ausgebaut. Vor diesem  Hintergrund verwundert die Schließungsabsicht durchaus.

Situation in der Lehre
Mit etwa 1.000 Studierenden ist der Düsseldorfer Studiengang der mit Abstand größte in Deutschland. Er ist auch der einzige in NRW bzw. im „Westen“ (Baden-Württemberg, NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland) und hat damit auch eine große regionale Bedeutung. Seine Einstellung hätte negative Folgen für die Informationswirtschaft und den gesamten Bereich der Internet- bzw. Digitalwirtschaft.

Situation in der Forschung
Die Düsseldorfer Informationswissenschaft hat ein weithin sichtbares Profil in der Forschung und ist, was den wissenschaftlichen Output angeht, außerordentlich produktiv. Sie ist national und international sehr gut vernetzt. Die Themen der Informationswissenschaft betreffen Kernthemen der digitalen Gesellschaft wie Fragen der digitalen Fachinformation, des Informationsverhaltens oder der Entwicklung der Informationsinfrastruktur. Auch der gerade in Düsseldorf stark vertretene Schwerpunkt Bibliometrie (lnformetrie, Szientometrie) ist zukunftsweisend und hat großes Potential bis in die Politikberatung hinein. Dass dieses Fach mit seinem Kompetenzprofil ein Alleinstellungsmerkmal nicht nur Ihrer Fakultät, sondern der gesamten Universität Düsseldorf ist, erscheint mir einleuchtend. Als Fach hat die Informationswissenschaft ein einzigartiges Vernetzungspotential und kann als echte Querschnittdisziplin mit praktisch allen anderen Fächern interdisziplinär zusammenwirken. In einer Zeit, in der Promotionsmöglichkeiten für Fachhochschulabsolventen gesucht und realisiert werden, stellt die Düsseldorfer Informationswissenschaft als universitäre Ausbildungsstätte einen wichtigen Bezugspunkt für Fachhochschulen mit informationswissenschaftlichem Fächerangebot dar. Ein Schreiben der Technischen Hochschule Köln in dieser Sache sollte Ihnen bereits vorliegen.

Arbeitsmarkt und Berufsperspektiven
Mit ihrem zukunftsweisenden Themenspektrum verschafft die Informationswissenschaft ihren Absolventinnen und Absolventen hervorragende Aussichten auf dem Arbeitsmarkt, ein Aspekt, der nicht außer Betracht gelassen werden sollte. Dies gilt im Übrigen auch für den akademischen Arbeitsmarkt. Mit Berufungen mehrerer Absolventen der Düsseldorfer Informationswissenschaft z. B. an die Christian-Albrechts-Universität Kiel bzw. an die ZBW in Kiel und Hamburg (Leibniz Informationszentrum Wirtschaft, Professor Isabella Peters) oder an die HAW Hamburg (Professor Dirk Lewandowski) zeigt sich, dass die Düsseldorfer Informationswissenschaft aktiv am akademischen Besetzungsgeschehen teilhat. Auch die Grundsatzentscheidung des Wissenschaftsrates, Leitungspositionen in Informationsinfrastruktureinrichtungen künftig mit Professoren zu besetzen und dort entsprechende Forschungsabteilungen aufzubauen, schafft einen zusätzlichen und sehr attraktiven Markt für Informationswissenschaftler. Die Berufung von lsabella Peters von Düsseldorf an die ZBW ist ein Beispiel hierfür.

Informationswissenschaft als „kleines Fach“
lnformationswissenschaftliche Lehrstühle existieren derzeit an vier deutschen Universitäten (Berlin, Düsseldorf, Hildesheim und Regensburg). Das Wegbrechen des Düsseldorfer Standortes wäre ein schwerer Verlust für das Fach insgesamt. Mit Sorge beobachten wir eine solche Tendenz, die im Gegensatz zu anderen, insbesondere den angelsächsischen und skandinavischen Ländern steht, wo Informationswissenschaft ausgebaut wird. Mit den hier vorgebrachten Argumenten möchte ich Sie ermuntern, den Schließungsbeschluss zu überdenken. Die vielfältigen, auch externen, Sachzwänge, unter denen eine Universitätsleitung agieren muss, sind mir durchaus bewusst. Insofern möchte ich anregen, gemeinsam mit der philosophischen Fakultät chancenorientiert auszuloten, welches Potential in der zukünftigen Ausgestaltung der Informationswissenschaft liegt.

Nach vielen Gesprächen in den vergangenen Tagen und einer außerordentlichen Vorstandssitzung des Hochschulverbands Informationswissenschaft am 21. Januar 2016 kann ich mit allem Nachdruck festhalten, dass die Informationswissenschaft im deutschsprachigen Raum Sie geschlossen auffordert, die Schließung der Düsseldorfer Abteilung für Informationswissenschaft abzuwenden.

Gleichzeitig möchte ich Sie bitten, die im Rahmen der Akkreditierung gemachten Zusagen gemeinsam mit der Leitung der Fakultät zu prüfen. Sofern Ihnen die entsprechenden Protokolle nicht vorliegen, könnten sie sicher über AQAS beschafft werden. Sollten Sie Rückfragen in dieser Sache haben, stehe ich Ihnen selbstverständlich jederzeit sehr gerne zur Verfügung.

Ein ähnliches Schreiben sende ich an den Dekan der philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf und einen Abdruck dieses Schreibens erhält der Kollege Professor Wolf Stock zu seiner Information.

Mit freundlichen Grüßen
Christian Wolff

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