In der Reihe Der HI stellt vor möchten wir regelmäßig die Hochschulstandorte der Informationswissenschaft vorstellen und somit die Vielfalt der Forschungs- und Lehrinhalte demonstrieren. Weitere Beiträge der Reihe finden Sie dann in Zukunft auf der entsprechenden Kategorieseite.
Information Science an der Hochschule Darmstadt
Die Hochschule Darmstadt ist eine der größten Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) in Deutschland und bietet über 70 Bachelor-, Diplom- und Master-Studiengänge für ungefähr 17.000 Studierende an: Darunter einen Bachelor- und einen Master-Studiengang Information Science (https://sis.h-da.de/). Die Studiengänge sind im Fachbereich „Media“ auf dem Campus Dieburg angesiedelt.
Studiengänge
Im Bachelor-Studiengang Information Science an der h_da werden Expert:innen im professionellen Umgang mit Daten, Informationen und Wissen ausgebildet, die mit Informationen in komplexen Datenmassen souverän umgehen können. Sie befassen sich mit den Informationen, die in Daten stecken, können diese strukturieren, darstellen und visualisieren sowie automatisiert analysieren. In den ersten Semestern lernen die Studierenden unter anderem, wie Informationen aus Daten gewonnen, strukturiert, gespeichert, verwaltet und für Menschen aufbereitet werden. Im Fokus stehen zudem die Konzeption und Gestaltung von Information, Methoden und Modelle der Information Science sowie menschliche Wahrnehmungs- und Kognitionsprozesse. Im vierten und fünften Semester belegen die Studierenden Wahlpflichtmodule und setzen eigene Schwerpunkte. Dies ist zum Beispiel möglich in den Bereichen Informationsvisualisierung oder Data Mining, oder die Studierenden wählen die Studienrichtung Bibliothekswissenschaft (Library Science). Auf die anschließende berufspraktische Phase im 6. Semester, die neun Wochen umfasst, folgt die Bachelor-Arbeit.
Der konsekutive Master-Studiengang Information Science an der h_da befähigt seine Studierenden zu anspruchsvollen Führungs-, Gestaltungs-, Forschungs- und Entwicklungsaufgaben. Die Absolvent:innen sind Profis in der maschinellen Verarbeitung von Daten und Informationen sowie im Wissen um die menschliche Verarbeitung von Daten, Informationen und Wissen. Das Master-Studium bietet eine technisch-wissenschaftliche Vertiefung der Kompetenzen und Fertigkeiten zur Aufbereitung und Analyse von Daten und Informationen und der menschlichen Verarbeitung dieser. In den beiden ersten Semestern des 4-semestrigen Studiengangs nehmen neben Fachmodulen praxisorientierte Projektmodule einen großen Raum ein. Auf ein wissenschaftliches Praxisprojekt bei Unternehmen oder auch in Forschungs- und Transferprojekten, das im 3. Semester verortet ist, folgt im 4. Semester die Masterarbeit, die an der Hochschule, in einem Unternehmen oder einer anderen geeigneten Einrichtung angefertigt werden kann.
Im Anschluss an den Master gibt es an der Hochschule Darmstadt die Möglichkeit, in einem der Promotionszentren zu promovieren. An den hessischen HAWs besteht neben der kooperativen Promotion auch die Möglichkeit seit 2016 an hochschulübergreifenden Promotionszentren zu promovieren. In Information Science werden Promotionen im Promotionszentrum für Angewandte Informatik, im Promotionszentrum für Nachhaltigkeitswissenschaften oder als kooperative Promotion durchgeführt.
Im Fachgebiet der Information Science finden aktuell Promotionen aus den Themengebieten Sprachtechnologie und Visual Analytics und in Kooperation mit dem Informationszentrum Bildung am DIPF zu Forschungsinfrastrukturen, Open Science und Informetrie statt.
Weiterbildung
Die Hochschule Darmstadt (h_da) bietet seit 2016 die akademische Phase eines zweijährigen postgradualen und kooperativen Volontariats mit Zertifikat zum/zur „wissenschaftlichen Dokumentar:in / Information Specialist“ an. Die Studierenden bringen für das Programm i.d.R einen Master- oder Magisterabschluss (o. vglb.) mit und werden befähigt, je nach Provenienz, professionell als Mediendokumentare oder Wissenschaftsdatenmanager zu arbeiten. Kooperationspartner sind die ARD (ohne NDR und MDR), das ZDF, das Deutsche Rundfunkarchiv, RTL News, das Deutsche Institut für internationale pädagogische Forschung (DIPF), die Deutsche Welle, das Deutschlandradio, das FIZ Karlsruhe und die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ). Das Programm steht weiteren Kooperationpartnern offen.
Forschung
Die Professor:innen der Information Science sind in eine Reihe von regionalen, nationalen und internationalen Forschungs- und Entwicklungsverbünden mit unterschiedlichen Partnern, Unternehmen und Hochschulen/Universitäten eingebunden. Von besonderer Bedeutung ist dabei die institutionalisierte Kooperation des DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation mit der h-da, welche durch eine gemeinsame Berufung in Information Science gefestigt ist. Der Transfer der darin gewonnenen Ergebnisse und der entwickelten Methoden und Ansätze nach innen in die Lehre als auch nach außen in Wirtschaft und Gesellschaft spielt eine außerordentliche Rolle. Dies schlägt sich unter anderem darin nieder, dass aktuelle Forschungsthemen unmittelbar in einzelnen Lehrveranstaltungen aufgegriffen werden, unsere Studierende die Möglichkeit haben, bei Partnern aus Industrie und Handel ihre Praxisphase zu absolvieren, als auch zugleich, dass in enger Zusammenarbeit mit hochschulinternen Institutionen sowie externen wissenschaftlichen Einrichtungen die Möglichkeit der Promotion besteht.
Ein Forschungsbereich der Information Science an der h_da ist die Sprachtechnologie. Hier wird z.B. erforscht, wie die Erkennung und Klassifikation von Hassrede und Desinformation mit sprachtechnologischen Methoden unterstützt werden kann (https://fz.h-da.de/detox). Ein anderes Beispiel ist die Entwicklung von Methoden zur Erstellung und Übersetzung von Texten in leichter Sprache. Das mit automatischen Methoden entwickelte deutsche Wordnet OdeNet (Siegel und Bond 2021) stammt ebenfalls aus der Information Science an der h_da.
Ein weiterer Forschungsbereich ist Mensch-Computer-Interaktion und Visual Analytics (https://vis.h-da.de). Hier wird die Symbiose der Methoden der künstlichen Intelligenz und interaktiven Visualisierungen erforscht. So werden etwa aus großen unstrukturierten Daten, Informationen extrahiert, die eine Analyse und Vorhersage von zukünftigen Szenarien, Technologien und Märkten ermöglichen (Nazemi und Burkhardt 2019, Nazemi et al. 2021, Nazemi et al. 2022). Weiterhin werden Methoden erforscht, die visuelle Benutzungsschnittstellen durch lernende Verfahren an die Bedürfnisse der Benutzer:innen anpassen und so den Umgang mit großen Datenmengen und Informationen vereinfachen.
Am Institut für Kommunikation und Medien (ikum) des Fachbereichs Media ist eine interdisziplinäre Forschungsgruppe in der Abteilung eResearch verortet, die Themen und Fragestellungen zum Umgang mit multimedialen Objekten und Sammlungen von digitalen Daten und Forschungsdaten erforscht. Neben einer Beteiligung an der Hessischen Forschungsdateninfrastruktur (HeFDI) wird der Themenkomplex in einer Reihe von BMBF- und DFG-geförderten Forschungsvorhaben adressiert, so unter anderem bei „NFDI 4Memory“, „NFDI text+“ und in den Forschungsprojekten „Gesund FDM“, „SAN-DMP“ und „Gruß & Kuss – Briefe digital“.
In Zusammenarbeit mit der Abteilung Digitale Dienste der Stadtbücherei Frankfurt werden seit einigen Jahren Konzepte und Kurseinheiten für Makerspaces in Bibliotheken erarbeitet, namentlich für die Einführung in die Programmierung der Mikrocontroller-Plattform Arduino. Sowohl Nutzende der Bibliothek als auch Mitarbeitende (als spätere Kursleitende) haben den Kursaufbau erprobt und zur Optimierung beigetragen. Auch Konzepte und Best-Practice-Beispiele für Videokurse und kontaktfreie Formate werden schrittweise für verschiedene Einsatzbereiche und Angebote von Stadtteilbibliotheken erstellt.
In der Kooperation mit dem DIPF werden seit 2005 regelmäßig Forschungsarbeiten und Promotionen im Kontext von Forschungsinfrastrukturen (siehe https://www.fachportal-paedagogik.de/), bspw. zu Forschungsdaten oder Literaturdaten durchgeführt. Dabei werden die am Informationszentrum Bildung (siehe auch IZB 2022) des DIPF verfügbaren Forschungsinfrastrukturen zugrunde gelegt, um etwa ihre Nutzung und das Verhalten der Nutzer*innen zu untersuchen oder die Forschungsinfrastrukturen mit Semantic Web-Methoden bzw. im Kontext von Open Access und Open Educational Resources weiter zu entwickeln. Auch werden die am Informationszentrum Bildung vorhandenen Daten zur Wissenschaftsforschung in der Bildungsforschung genutzt. Die Forschungsarbeiten entstehen häufig im Rahmen von Entwicklungs- und Innovationsprojekten, die am IZB von der Kooperationsprofessur durchgeführt werden.
Literatur
- Kovalerchuk, Boris and Nazemi, Kawa and Andonie, Răzvan and Datia, Nuno; Banissi, Ebad (Eds.): Integrating Artificial Intelligence and Visualization for Visual Knowledge Discovery Book. Springer Nature, Cham, 2022, ISBN: 978-3-030-93118-6
- IZB 2022: Das Informationszentrum Bildung: 20 Jahre Infrastruktur, Forschung und Transfer für Wissen in der Bildung. Retrieved from https://www.dipf.de/de/institut/pdf-institut/20_jahre_izb.pdf
- Lang, E. und Ludwig, E.: Arduino on Tour. Der mobile Makerspace der Stadtbücherei Frankfurt am Main. Forum Bibliothek und Information (BuB), Heft 73 (5/2021) S. 270-273
- Meier, Berthold und Schmunk, Stefan: Herausforderungen und Perspektiven für die Studienrichtung Library Science / Bibliothekswissenschaft der Studiengänge Information Science (BA u. MA) an der Hochschule Darmstadt. In: Bibliothek Forschung und Praxis, Vol. 46, No. 3, 2022, S. 389-393. https://doi.org/10.1515/bfp-2022-0040
- Nazemi, Kawa and Burkhardt, Dirk and Kock, Alexander: Visual analytics for technology and innovation management. Multimed Tools Appl 81, 14803–14830 (2021). https://doi.org/10.1007/s11042-021-10972-3.
- Nazemi, Kawa and Burkhardt, Dirk: Visual Analytics for Analyzing Technological Trends from Text, 2019 23rd International Conference Information Visualisation (IV), 2019, pp. 191-200, https://doi.org/10.1109/IV.2019.00041.
- Siegel, Melanie and Bond, Francis: Compiling a German Wordnet from other Resources. In: Proceedings of the 11th International Global Wordnet Conference (GWC2021), pp. 192-198 (2021).